Die Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh hält die als „Brandmauer“ bezeichnete Abgrenzung der liberaldemokratischen Parteien zur AfD für gescheitert. In einem Interview mit der „Wochentaz“ kritisiert sie den Umgang mit der Partei, warnt vor einem Verbotsverfahren und sieht Alarmismus als Treiber rechtspopulistischer Erfolge. Zugleich macht sie Versäumnisse der etablierten Politik für den Zulauf zur AfD verantwortlich.
„Brandmauer“ aus Sicht von Juli Zeh gescheitert
Die Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh hält die „Brandmauer“ genannte Abgrenzung der liberaldemokratischen Parteien zur rechten AfD für gescheitert. „Der Versuch, mit der Brandmauer die AfD kleinzuhalten, hat in den letzten zehn Jahren nichts gebracht“, sagte Zeh der „Wochentaz“. „Die Prozente der AfD steigen ja immer weiter.“
Zeh verwies in dem Interview darauf, dass man etwa in Brandenburg keine Verfassungsrichter mehr wählen könne ohne die AfD, die dort über eine Sperrminorität verfüge. „Wählen wir dann keine Verfassungsrichter mehr?“, fragte Zeh.
Kritik an einem möglichen AfD-Verbotsverfahren
Zu einem AfD-Verbotsverfahren äußerte sich Zeh skeptisch. „Wenn Sie einen halbwegs cleveren AfD-Funktionär fragen, was auf seinem Wunschzettel für 2026 steht, dann sagt der wahrscheinlich: Ich wünsche mir ein Verbotsverfahren. Allein der Versuch, sie zu verbieten, würde der AfD krass nutzen“, sagte sie der „Wochentaz“.
Warnung vor Alarmismus und Kritik an etablierten Parteien
Generell warnt die Bestsellerautorin („Unterleuten“, „Zwischen Welten“) vor Alarmismus. „Wenn man sagt, die Apokalypse droht, wer hat dann noch Zeit für Demokratie und Liberalismus? Das befördert den Erfolg von Rechtspopulisten“, sagte sie der „Wochentaz“. Damit meine sie auch den Journalismus. „Das gilt für jeden, der wegen einer erfolgreichen Schlagzeile so tut, als stünden wir unmittelbar vor dem Zusammenbruch des Landes oder vor dem Dritten Weltkrieg.“
Zeh lebt seit Jahren in Brandenburg in einem Dorf mit hohem Anteil an AfD-Wählern. Sie sieht das Versagen der liberaldemokratischen Parteien als Grund für die große Zustimmung zur AfD. „Die Leute haben nicht das geringste Vertrauen in die herkömmlichen Parteien, weil es an allen Ecken und Enden an der simplen Grundversorgung fehlt: Bildung, Mobilität, Gesundheit, Pflege, bezahlbarer Wohnraum“, sagte Zeh der „Wochentaz“. Der einzige Hebel, um Rechtspopulisten beizukommen, sei „Politik, die wirklich konkrete Probleme adressiert und dadurch das Misstrauen auflöst“.
Quelle: Mit Material der dts Nachrichtenagentur. ✨ durch KI bearbeitet, .