Im Januar 2023 verstarb mit Hiltrud Schäfer eine prägende Persönlichkeit der Osnabrücker Kunstszene. Ihr Engagement galt stets der Unterstützung junger Künstlerinnen und Künstler. In Erinnerung an sie und zur Förderung zeitgenössischer Kunst entstand der Hiltrud-Schäfer-Kunstpreis.
Preisgeld von insgesamt 10.000 Euro
Am 1. März vergab der Verein Dreidimensional in Kooperation mit den Freunden der Kunsthalle, der Familie Hiltrud Schäfers und der Kunsthalle Osnabrück den Hiltrud-Schäfer-Preis. Der Preis ist dotiert mit 10.000 Euro und wird paritätisch verteilt.
Die Jury
Die eingeschickten Bewerbungen befanden sich auf sehr hohem Niveau. Am Ende konnten sich vier Bewerber mit tiefgründigen, aber auch kreativen Arbeiten durchsetzen. „Wäre Hiltrud heute noch am Leben, würde sie sich sehr freuen“, sagte Gerrit Schäffer, einer der fünf Köpfe der Jury, die außerdem aus Annette Hans (Künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin Gesellschaft für aktuelle Kunst, Bremen), Christina Végh (Direktorin Kunsthalle Bielefeld), Manfred Blieffert (Dreidimensional) und Juliane Schickedanz (Kunsthalle Osnabrück) bestand.
Die Preisträger
Aus 178 Bewerbungen wählte die Jury vier Preisträgerinnen und Preisträger aus: Nikola Dicke (Osnabrück), Janina Fritz (Bremen), Olga Grigorjewa (Oldenburg) und Gruppe Stumpf (Hannover). Sie überzeugten die Jury nicht nur aufgrund ihrer hervorragenden künstlerischen Qualität, sondern auch aufgrund ihrer Sensibilität für die spezifischen Ausstellungsorte, für die sinnliche, humorvolle und auch zeitkritische Werke – von Rauminstallation bis Performance – entstanden sind. Bis auf die Arbeit von Nikola Dicke, werden alle Arbeiten noch bis zum 30. März in der Kunsthalle Osnabrück ausgestellt.
Nikola Dicke: „Kindheitstraum“
Die Arbeit „Kindheitstraum“ wird bis zum 15. April in der skulptur-galerie Osnabrück ausgestellt. Nikola Dicke arbeitet mit Licht und Video als künstlerisches Medium und verwandelt Räume zu traumhaften Installationen, in die man als Besucher eintaucht. Für den Hiltrud-Schäfer-Kunstpreis realisiert Nikola Dicke die Arbeit „Kindheitstraum“ in der skulptur-galerie Osnabrück. Die Installation ist eine Welt aus Licht und Schatten, aus Funkeln, Glitzern und Spiegelungen. Hinter den großen Schaufenstern der Galerie bahnen sich zwei Eisenbahnen, beladen mit kleinen Spiegelstücken, ihren Weg durch reflektierende Alltagsgegenstände wie Badezimmerarmaturen, silbernen Vasen, Kannen, Spiegel oder Küchengeräte. Die Szenerie, beleuchtet von analogen Overhead- und Diaprojektoren, erinnert zugleich an Schaufenstersituationen insbesondere von Spielzeugläden, an denen sich Kinder einst ihre Nasen plattdrückten.

Janina Fritz: „Ablaufkelch“
Janina Fritz beschäftigt sich in ihrer künstlerischen Arbeit intensiv mit der Beziehung zwischen Körper und Raum. Besonders Badezimmer und öffentliche sanitäre Anlagen interessieren sie, da sie eine direkte Verbindung zur Fleischlichkeit des menschlichen Körpers darstellen. Für den Hiltrud-Schäfer-Kunstpreis entsteht für die Kirche der Kunsthalle Osnabrück eine großformatige Bodenskulptur aus niedrig gebrannter Keramik. Die Skulptur hat die Form eines Abflusses in einem Spülbecken. Die roten Fliesen der Kirche sind ebenfalls aus niedrig gebrannter Keramik gefertigt, sodass der „Ablaufkelch“ von Janina Fritz wie ein überdimensionierter Abfluss der Kirche wirkt. Durch die Integration des Abflusses in den Raum möchte Janina Fritz die Betrachterinnen und Betrachter zu einer neuen Wahrnehmung der Architektur anregen.

Olga Grigorjewa: „Highleid“
In ihrer Arbeitsweise erforscht Olga Grigorjewa die Beziehungen zwischen Formen und Materialien und arbeitet dabei mit erzählerischer Abstraktion. Ihre Grafiken, Installationen, Performances und Videos verbinden sich oft mit Gegenständen des Alltags. Für den Hiltrud-Schäfer-Kunstpreis konzipierte die Künstlerin ihre neue Arbeit „Highleid“. Darin beleuchtet sie die Höhepunkte und das tiefe Fallen menschlicher Lebensphasen sowie deren Wechselwirkung. In unserer Gesellschaft werden Höhe- und Tiefpunkte häufig durch Prognosen und Statistiken abgebildet. Demografien und Diagramme messen das Leben in Zahlen, vergleichen unterschiedliche Stadien unseres Daseins und fragen sich, was oder wer ganz oben oder unten auf der Skala steht. Diese verschiedenen Höhen und Tiefen hat die Künstlerin in verschiedenen Materialien und Formen dargestellt und neu interpretiert.

Gruppe Stumpf: „stagerunner“
Gruppe Stumpf sind Jan Neukirchen und Christian Lohre. Seit 2014 beschäftigen sie sich mit dem Spannungsfeld zwischen Technologie, Klangkunst und Skulptur. Im Rahmen des Hiltrud-Schäfer-Kunstpreises zeigen sie ihre performative Installation „stagerunner“ in der Kirche der Kunsthalle Osnabrück. Ihr Kunstwerk ist ein Putzroboter, der durch einfache Veränderungen zu einem Raumvermesser und Zeichengerät wird. Rhythmisch fährt der Roboter den Boden der Kirche ab und hinterlässt ephemere Linien auf den Fliesen. Der Rhythmus beruht auf den immer gleichen Algorithmus der Maschine, der durch die gezeichneten Muster sichtbar und verständlich wird. Wände, Säulen und Hindernisse beeinflussen zusätzlich die Fahrtrichtung des Roboters. Auch Besucherinnen und Besucher können sich dem Roboter in den Weg stellen. Damit werden sie aktiv Teil der Performance des Roboters. Und auch Teil der Zeichnung, die über die Wochen von Anwesenheit und Abwesenheit der Besucherinnen und Besucher erzählt.
