Es ist ein ehrwürdiges Jubiläum, aber alles andere als verstaubt: Seit 150 Jahren existiert der Johannis-Chor in Osnabrück – ein Chor, der weit mehr ist als nur ein Klangkörper. Er ist ein Ort der Begegnung, der Generationen verbindet, der Menschen zusammenbringt, die die Liebe zur Musik, aber auch zur Gemeinschaft teilen. Am 24. Mai 2025 um 18:00 Uhr feiert der Chor dieses außergewöhnliche Jubiläum mit einem festlichen Konzert: In der Johanniskirche wird das Paulus-Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy zur Aufführung gebracht – ein Werk, das sowohl musikalisch als auch thematisch den festlichen Rahmen mehr als verdient.
Gegründet wurde der Chor im Jahr 1875, und seither hat sich viel verändert – musikalisch, gesellschaftlich, kirchlich. Doch geblieben ist der Kern: Menschen, die gemeinsam singen, wachsen und sich durch Musik verbinden. Einige sind seit Jahrzehnten dabei, andere haben erst vor wenigen Jahren ihren Platz im Chor gefunden. Alle tragen auf ihre Weise zur Lebendigkeit dieses traditionsreichen Ensembles bei.
Ein Ort zum Bleiben
Die 64-jährige Sonsoles Emeis-Thomsen gehört seit 24 Jahren zum Chor. Für sie war es damals eine Art musikalischer Neuanfang: „Mein früherer Chor wurde aufgelöst, und ich bin relativ neu in die Gemeinde gekommen. Der Johannis-Chor war für mich die Gelegenheit, wieder Teil eines musikalischen Miteinanders zu sein.“ Die 75-jährige Elisabeth Pohlmann, die seit etwa acht Jahren mitsingt, berichtet von einer ähnlichen Geschichte: „Ich kannte einige Leute hier, und alle waren begeistert – vor allem von der Chorleitung. Das hat mich neugierig gemacht, und ich wurde nicht enttäuscht.“

Für beide ist klar: Sie sind geblieben, weil sie sich nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich aufgehoben fühlen. „Es ist die Gemeinschaft, die trägt“, sind sich die beiden Sängerinnen einig. Der Chor biete sowohl Herausforderung als auch Unterstützung, sei stimmbildnerisch gut aufgestellt und dennoch offen für Sängerinnen und Sänger mit ganz unterschiedlichen Vorerfahrungen.
Zwischen Generationen und Gemeinschaft
Dass diese Offenheit auch junge Menschen erreicht, zeigt das Beispiel von Johannes Strom. Der 27-Jährige kam für sein Studium nach Osnabrück – und direkt in den Chor: „Ich singe, seit ich denken kann. Eine Freundin aus dem Studium hat mich mitgenommen.“ Besonders beeindruckt habe ihn die Atmosphäre bei der ersten Probe: „Ich erinnere mich besonders an die herzliche Begrüßung – jeder wurde namentlich willkommen geheißen. Das hat mich sofort abgeholt.“
Heute ist er ein fester Teil der Chorgemeinschaft – auch wenn Beruf und Alltag es manchmal schwierig machen, jede Probe mit dem anschließenden „Nachklang“ in geselliger Runde mitzunehmen. „Aber bei unserem Probenwochenende für das Paulus-Oratorium konnte ich das endlich mal richtig erleben – und es war großartig, die Menschen noch einmal auf einer ganz anderen Ebene kennen zulernen.“

Mitmachen ausdrücklich erwünscht – besonders für Männerstimmen
Auch wenn das Jubiläum ein Rückblick ist, denkt der Chor längst nach vorne. Neue Mitsingende sind herzlich willkommen – vor allem beim Tenor und Bass wird Verstärkung gesucht. „Man muss kein Profi sein“, betonen die Mitglieder. „Wichtig ist die Freude am Singen und die Bereitschaft, sich auf die gemeinsame Arbeit einzulassen.“ Wer sich vorab ein Bild vom Chorleben machen möchte, kann das digital tun: Der Johannis-Chor, der immer donnerstags um 20:00 Uhr unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Christian Joppich probt, hat nicht nur eine Webseite, sondern ist auch auf Instagram sowie Facebook aktiv und gewährt dort Einblicke. Wer mitsingen möchte, kann sich telefonisch (0541/35063-18) oder per E-Mail (c.joppich@bistum-os.de) anmelden.
Das große Jubiläum: Mendelssohn in St. Johann
Mit dem Paulus-Oratorium von Mendelssohn Bartholdy hat sich der Chor ein Werk vorgenommen, das den feierlichen Anlass würdig unterstreicht. Dramatisch, klangvoll und spirituell tiefgehend erzählt es die Geschichte der Bekehrung und Mission des Apostels Paulus – eine musikalische Reise, die von innerem Wandel, Konflikten und Hoffnung handelt. Genau das Richtige für einen Chor, der selbst auf eine lange Reise zurückblickt und beim Konzert vom Kammerchor St. Johann sowie den solistischen Stimmen von Hanna Zumsande (Sopran), Isabel Baumgartner (Alt), Stefan Sbonnik (Tenor), Henryk Böhm (Bariton) und dem Orchester L’Arco auf historischen Instrumenten (Konzertmeister: Christoph Heidemann) unterstützt wird.
„Jubiläen sind für mich persönlich nicht so entscheidend“, sagt Chorsängerin Elisabeth Pohlmann, „aber ich sehe, was sie für andere bedeuten. Es geht um Tradition, um das Weitergeben und Umgestalten von etwas, das schon lange besteht.“ Und genau dafür steht der Johannis-Chor: Für Wandel im Klang, für Kontinuität im Miteinander, für die Kraft der Musik, über Zeiten und Generationen hinweg.
Felix Mendelssohn Bartholdy: Paulus
Samstag, 24. Mai 2025 | 18:00 Uhr
St. Johann Osnabrück
Tickets gibt es hier