“Habe die Schule wirklich schätzen gelernt” – Einblick in das “Corona-Halbjahr” am Gymnasium Oesede

Am 16. Juli ist es so weit: Niedersachsens Schüler starten in die Sommerferien! Für die Kinder und Jugendlichen geht damit ein anstrengendes “Corona-Halbjahr” bestehend aus Schulausfall, Online-Unterricht und verschärften Hygieneregelungen in den Schulen zu Ende. In einem Gespräch mit unserer Redaktion berichten Denis Gaksteter (18) und Jana Rosenbaum (13) über die vergangenen Monate und geben uns einen direkten Einblick in ihren Schulalltag am Gymnasium Oesede in Georgsmarienhütte.

“In der Zeit nach den Osterferien haben wir über das Online-Portal IServ regelmäßig Aufgaben zugeschickt bekommen. Diese mussten wir dann innerhalb eines bestimmen Zeitraums erledigen und bei der jeweiligen Lehrkraft ‘einreichen'”, berichtet Jana, “in manchen Fächern boten sich Videokonferenzen an, in anderen eher weniger”. Über die IServ-Website haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit Dateien hochzuladen und anzusehen, Vertretungspläne abzurufen oder das Angebot der Schulbibliothek zu erforschen.

Seit kurzem bietet IServ zudem eine neue Funktion – das “Aufgabenmodul”. “Über das Modul stellen die Lehrkräfte verschiedene Aufgaben für die Klassen beziehungsweise Kurse online. Jede Aufgabe ist mit einem Start- und Abgabetermin versehen”, erklärt Denis. Jana zeigt sich zufrieden: “Das hat an sich gut geklappt. Viele meiner Klassenkameraden haben ihre Aufgaben mit Papier und Stift gelöst, abfotografiert und anschließend hochgeladen.” Ein weiterer Vorteil: “Wenn uns für eine unbearbeitete Aufgabe nur noch 24 Stunden Zeit blieb, haben wir eine Erinnerung zugeschickt bekommen.”

"Habe die Schule wirklich schätzen gelernt" - Einblick in das "Corona-Halbjahr" am Gymnasium Oesede
Ein- und Ausgänge am Gymnasium Oesede sind klar ausgeschildert./Foto: Linda von Velsen

Lob an die Lehrkräfte

Insgesamt sehen die beiden Schüler den Online-Unterricht mit gemischten Gefühlen. “Das war auf jeden Fall besser, als gar nichts zu machen”, hält die Achtklässlerin direkt fest, “die Lehrkräfte haben sich viel Mühe bei der Organisation gegeben: Wir konnten per E-Mail Fragen stellen, einige haben auch Videokonferenzen auf die Beine gestellt. Dort konnten wir uns über einen Button melden und aktiv am Online-Unterricht teilnehmen.” Die Aufgaben wurden zum größten Teil nicht bewertet – außer der oder die Schüler/in wollte es.

Sitzenbleiben ist möglich

In Deutschland haben die Bundesländer unterschiedliche Wege gefunden mit dem “Corona-Halbjahr” umzugehen. In Niedersachsen gilt folgende Regelung: Aufgaben die im Rahmen des Home-Schooling eingereicht wurden, können nicht bewertet werden – außer es wird von Schülerseite gewünscht. “Für Leute, die im Halbjahr auf der Kippe standen, waren die Online-Aufgaben eine gute Möglichkeit, ihre Note für das Endzeugnis im Sommer aufzubessern”, so Jana. Nach Wiederöffnung sollte das Wissen in den Schulen durch mündliche Abfragen, knappe Tests oder Lernzielkontrollen abgefragt werden – auch Sitzenbleiben ist möglich. Für Jana öffnete das Gymnasium Oesede am 3. Juni, für Denis bereits am 15. Mai wieder seine Türen.

"Habe die Schule wirklich schätzen gelernt" - Einblick in das "Corona-Halbjahr" am Gymnasium Oesede
Auch an den Fahrradständern gibt es klare Regelungen. /Foto: Linda von Velsen

“Mensa-Klausuren”

Am Gymnasium Oesede wurden aufgrund der Umstellung von G8 zu G9 dieses Jahr keine Abiturklausuren geschrieben. Doch wie lief es mit den abiturrelevanten Klausuren der Oberstufe? “Die Q1 hat ihre Klausuren nur in den ersten P5-Fächern geschrieben – allerdings nicht online. Zu diesem Zeitpunkt war die Schule bereits wieder geöffnet”, so Denis. Statt in den üblichen Kurs- und Klassenzimmern fanden die Klausuren in größeren Räumen, wie dem Multifunktionsraum oder der Mensa statt. Sämtliche Bereiche des Schullebens unterliegen seit Wiederöffnung der Einhaltung strengster Hygieneregelungen.

Einbahnstraße statt Gedränge

Um den Weg zum Klassenraum organisierten zu gestalten und das Infektionsrisiko zu verringern, wurde das Gymnasium Oesede mit einem Einbahnstraßensystem ausgestattet. Für die geliebte Pausenzeit hat jeder Jahrgang auf dem Schulhof einen eigenen Bereich zugeteilt bekommen. “Während der Pausen soll der Mindestabstand eingehalten werden. Die fünften und sechsten Klassen haben gesonderte Pausenzeiten bekommen, damit den jüngeren Schülern eine größere Fläche zum Spielen und Austoben zur Verfügung steht”, erklärt der Elftklässler. Das Essen auf dem Pausenhof soll vermieden werden: “Damit wir trotzdem die Möglichkeit dazu haben, beenden die Lehrkräfte den Unterricht ein paar Minuten früher und wir frühstücken im Klassenraum.”

Die wohl größte Änderung ist allerdings das Einteilen der gesamten Schülerschaft in A- und B-Gruppen. “Ich bin in der B-Gruppe. Das heißt, dass ich montags, mittwochs und freitags, die darauffolgende Woche am Dienstag und Donnerstag und dann wieder montags, mittwochs und so weiter in der Schule bin”, berichtet Jana.

Mundschutz und Tischdesinfektion

“Der Mundschutz muss noch beim Betreten der Klasse, bis an den Sitzplatz, getragen werden. Vor Unterrichtsbeginn wäscht sich jeder die Hände. Im Chemie- und anderen Fachräumen werden zusätzlich die Tische desinfiziert”, erklärt Denis. Gegenseitiges Ausleihen von Stift und Papier soll vermieden werden. Und auch lange Schlangen innerhalb der Toiletten-Räume gehören der Vergangenheit an. Seit Corona gilt dort eine Maximalanzahl an Personen.

Sozialer Aspekt

Trotz geltender Beschränkungen sind beide Jugendlichen froh, wieder zurück am Gymnasium Oesede zu sein. “Man hat sich schon gefreut, wieder in den Klassenräumen sitzen zu können. Über einen kurzen Zeitraum war die Möglichkeit, den Lehrern Fragen per E-Mails stellen zu können eine gute Lösung. Allerdings hat mir der direkte Austausch im Unterricht gefehlt, den Lehrer spontan etwas fragen zu können”, berichtet Jana. Auf die vergangenen Monate blicken die Schüler mit gemischten Gefühlen zurück. “In den Anfängen von Corona hat man das noch gar nicht richtig wahrgenommen. Als immer mehr Tote und Infizierte dazu kamen, wurde mir der Ernst der Lage zunehmend bewusst. Die Schulschließung war ein richtiger Schock”, führt Denis uns im Interview vor Augen.

“Meine Klassenkameraden und ich haben die Schule wirklich schätzen gelernt. Da geht es auch um was Soziales: Ich habe mich so gefreut, meine Freunde wiedersehen zu können”, ergänzt Jana. Denis richtet sich zudem an die Lehrkräfte: “Einen großen Respekt möchte ich auch Lehrerinnen und Lehrern, sowie der Schulleitung und allen Beteiligten aussprechen – ihr habt das trotz der schwierigen Situation toll hinbekommen! Schulleiter Thomas Rohm hat uns regelmäßig über den Stand der Dinge informiert.”

"Habe die Schule wirklich schätzen gelernt" - Einblick in das "Corona-Halbjahr" am Gymnasium Oesede
Rückblick in die Zeit vor Corona: Die Klasse 11F1 des Gymnasium Oesede gewann eine Reise nach Berlin – persönliches Treffen mit der Bundeskanzlerin inklusive. /Foto: Linda von Velsen

Klassenfahrten und Reise nach Berlin

Die Auswirkungen der Corona-Krise gehen allerdings noch über Unterricht, Klausuren und Pausenbereiche hinaus. Sämtliche Klassenfahrten wurden aufgrund der aktuellen Pandemie verschoben. “Der Frankreichaustausch wurde auch abgesagt”, berichtet Jana. “Genauso wie die Kursfahrten und unsere Reise nach Berlin”, ergänzt Denis. Im Rahmen eines Wettbewerbs zur politischen Bildung der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat seine Klasse dieses Jahr eine fünftägige Klassenfahrt in die Hauptstadt, inklusive einem persönlichen Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gewonnen. [HASEPOST berichtete] “Wir sollten in der ersten Woche im Mai fahren. Coronabedingt musste das leider abgesagt werden. Als Entschädigung haben wir 350 Euro pro Schüler und 1.000 Euro für die Klassenkasse erhalten, um einen prominenten Vertretungslehrer zu uns einzuladen”, so Denis. Die 11F1 hat bereits einige Persönlichkeiten im Blick: Eine Vertretungsstunde mit der Bundeskanzlerin wird es allerdings wohl nicht werden.


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