Die 70. Osnabrücker Mahlzeit hat erstmals eine Frau zur Grünkohlkönigin gekürt – nach einer Abstimmung, die traditionell im Hinterzimmer des Verkehrsvereins stattfindet und bis zuletzt zu Spekulationen führt: „Wer wird es in diesem Jahr?“
Doch diese Wahl dürfte bei vielen Gästen die Frage aufgeworfen haben, ob die erste Frau im höchsten „Grünkohl-Amt“ der Hasestadt eine wirklich gute Wahl war.
Eine Beobachtung von Heiko Pohlmann.
Zwei Jahre nachdem die „Osnabrücker Mahlzeit“ – einst vielleicht der größte Männerstammtisch der Republik – sich auch für Frauen öffnete, stand erstmals eine Frau auf der Bühne. Doch rhetorisch setzte sie keinen Höhepunkt in der inzwischen 71-jährigen und 70 Mahlzeiten umfassenden Geschichte dieses einst reinen Männerstammtischs. Zwar sind Frauen bei dieser Traditionsveranstaltung noch immer stark unterrepräsentiert, aber innerhalb kürzester Zeit schon nicht mehr wegzudenken.
Dass die erste Frau, die in Osnabrück zur Kohlkönigin gewählt wird, keinen leichten Stand haben würde, war im Vorfeld wohlbekannt – sicher auch unter potenziellen Kandidatinnen. Insofern kann Dr. Barbara Hartung nur gratuliert werden, dass sie sich dieser Herausforderung gestellt hat.
Erste Frau im Grünkohlamt nach „Öffnung“ der Osnabrücker Mahlzeit
Im Hauptberuf ist die Juristin Barbara Hartung seit November 2023 Vorsitzende des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V.. Ein Verein, der sich „Parität“, also so etwas wie eine Frauenquote, auf die Fahnen geschrieben hat. Nach den öffentlich und überwiegend aus dem linken politischen Lager geführten Scheindebatten über die Öffnung der Osnabrücker Mahlzeit auch für Frauen – obwohl es jahrelang auch im Sommer eine reine „Frauen-Mahlzeit“ gab –, schien diese Frau den Verantwortlichen wohl die richtige Wahl zu sein.

Manch einer der überwiegend männlichen Gäste (insgesamt 1.247, davon nur 130 Frauen) dürfte sich im Verlauf ihrer Antrittsrede jedoch gedacht haben: „Dabei sein allein reicht auch nicht.“ Denn die Antrittsrede – ebenso wie die Verabschiedungsrede im Folgejahr – ist es, die traditionell beim „Grünkohlvolk“ in Erinnerung bleibt. Und was an diesem Abend haften bleiben dürfte, ist vor allem die Unruhe im Saal.
Die Rede, die inhaltlich immer wieder in feministische Themen abdriftete, sorgte bereits für Unruhe, noch bevor den Anwesenden überhaupt bewusst wurde, dass die Verbindung der neuen Grünkohlkönigin zu Osnabrück lediglich aus einer etwas mehr als einjährigen beruflichen Abordnung an die Osnabrücker Außenstelle der Bezirksregierung Weser-Ems in den 1980er-Jahren bestand.
Ihren späteren Wegzug aus Osnabrück kommentierte Barbara I. dann auch noch unglücklich mit „zum Glück zurück nach Hannover“.

Kein wirklicher Bezug der Grünkohlkönigin zur Hasestadt feststellbar
Nun ja, immerhin leben auch in Osnabrück Frauen – und das schien für Barbara Hartung aka „Barbara I.“ ausreichend Rechtfertigung zu sein, das Grünkohlzepter zu übernehmen.
Dass die Mehrheit der anwesenden Gäste dies anders sah – vielleicht auch, weil es der neuen Grünkohlkönigin etwas an Prominenz mangelte – zeigte sich an der zunehmenden Lautstärke im Saal während ihrer inhaltlich anspruchsvollen, aber dem Anlass nicht ganz angemessenen Rede. Schließlich sah sich Prof. Dr. Felix Osterheider, Vorsitzender des Verkehrsvereins Osnabrück, genötigt zu intervenieren und den unruhigen Saal um Ruhe zu bitten.

Es lebe der Grünkohl – zukünftig mit „Quoten-Königinnen“?
„Nur schwache Männer können starke Frauen nicht ertragen“, konterte Barbara I. daraufhin, als sie ihre Rede fortsetzte. Doch ihr pflichtgemäß aufgesagtes „Es lebe der Grünkohl“ löste keine Beifallsstürme mehr aus – zumal die neue Grünkohlkönigin ihre Rede am Ende auch noch schulmeisternd mit „Bemüht euch, ohne Frauen ist kein Staat zu machen“ beendete.
Die nächste weibliche Grünkohlkönigin, die in zwei Jahren erwartet wird – so kündigte Barbara I. es an –, darf sich allerdings freuen: Sie wird es leichter haben – die Schuhe ihrer Vorgängerin werden ihr kaum zu groß sein.
