# Finale furioso in Dortmund: Osnabrücker Florian Kroll wird Deutscher Meister – Dammermann im Pech Datum: 27.02.2025 13:00 Kategorie: Aktuell URL: https://www.hasepost.de/finale-furioso-in-dortmund-osnabruecker-florian-kroll-wird-deutscher-meister-dammermann-im-pech-570768/ --- Osnabrücks Erfolgstrainer Anton Siemer hatte für die Deutschen Leichtathletik-Hallenmeisterschaften in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle ein „Finale furioso“ und „die spannendste Zielgerade der letzten Jahre“ angekündigt. Wie sehr er Recht behalten sollte und in welcher Form, überraschte ihn dann sogar selbst und machten die 400 m der Männer vor ausverkauftem Haus zum spannendsten Event des Tages und zu einem, für viele zu dem Highlight der Titelkämpfe. 75 Jahre nach Hans Zepernick, 1950 Deutscher Meister über 110 m Hürden, sicherte sich wieder ein Osnabrücker den Titel eines Deutschen Meisters bei den Männern. Der 20-jährige Florian Kroll griff wie in der HASEPOST angekündigt nach den Sternen – und avancierte zum jüngsten Titelträger dieser Meisterschaft. Sein größter Konkurrent: ein weiterer Osnabrücker. ## Drei Halbfinalläufe Aber zurück auf Anfang. Samstagmittag. Drei Halbfinalläufe. Im zweiten zeigt Florian einen beeindruckenden Start-Ziel-Sieg. 46,92 Sekunden – als zweiter Deutscher in diesem Jahr unterbietet er die 47-Sekunden-Schallmauer. Im letzten Lauf dann Vereinskollege Fabian Dammermann, bisher als einziger und mit 46,71 Sekunden deutlich unter dieser Grenze. Der Student der Universität Münster geht als Favorit an den Start. In einem dramatischen Rennen unterliegt er knapp dem Berliner Friedrich Rumpf, der nach seiner klaren Niederlage gegen Fabian an gleicher Stätte Wochen zuvor nun alle taktischen Finessen auspackt. Beide Osnabrücker sind im Finale. „Deutschland gegen Osnabrück“, der Slogan des ARD-Kommentators vom Samstag wird nun zu „Berlin gegen Osnabrück“, zwei Athleten des SCC Berlin haben sich im Halbfinale auf Platz zwei und drei gelaufen. Erfreuliche Schadensbegrenzung dann bei der Bahnverteilung fürs Finale. Bahn sechs für Florian („Nicht perfekt, aber kann ich mit leben“), Bahn vier für Fabian („Zum Glück. Nach der Logik der Bahneinteilung hätte es auch Bahn eins werden können“). Die Bahnen drei und fünf gehen nach Berlin. Alles auf Null, alle Chancen gewahrt. ### Riesenjubel bei den Osnabrückern Sonntag, 14.07 Uhr. Ausverkaufte Halle, viele Osnabrücker vor Ort. 400 m-Finale der Männer. Florian und Fabian werden seit dem Eintreffen in der Halle von einem Kamerateam des NDR begleitet, haben schon die ersten Interviews hinter sich. Zusätzliche Motivation oder Belastung? Florian startet wie im Halbfinale, liegt nach 200 m gemeinsam mit dem Berliner Rumpf vorn, hat aber den Nachteil, in der Kurve außen laufend den längeren Weg gehen zu müssen. Derweil muss Fabian auf Platz fünf liegend, eingangs der Kurve fast abbremsen, um eine Kollision zu vermeiden. Die Gegengerade absolvieren Rumpf und Florian Brust an Brust, von hinten stürmt Fabian relativ unbemerkt, da nicht im Fernsehbild, mit seiner unnachahmlichen zweiten Runde heran. Ausgang der Zielkurve, noch 50 m. Die Stimmung in der Halle ist auf dem Siedepunkt. Rumpf knapp vor Florian, Fabian rückt näher und näher, ist von der Geschwindigkeit nun deutlich der Schnellste im Feld. Und hat ein Problem: Wie komme ich an den Zwei vor mir vorbei? Gefragt, getan. Ein Sidestep nach außen – ein Aufschrei in der Halle und bei den Kommentatoren. Fabian stürzt, macht eine schmerzhafte Rolle über die Laufbahn. Hat offensichtlich Florian am Fuß berührt. Der strauchelt, rettet sich mit windmühlenartigen Armbewegungen gerade noch vor dem Sturz – und passiert die Ziellinie als Erster. Riesenjubel bei den Osnabrückern. Allein Florian bleibt ruhig, sein erster Blick geht zurück auf die Laufbahn zu seinem gestürzten Teamkollegen. Foto: LG Osnabrück Was folgt, kann man nicht trainieren. Das Blitzlichtgewitter der Fotografen, dann der Interviewmarathon. ARD, NDR, leichtathletik.de, der eigene Landesverband – Florian wird von Kamera zu Kamera, von Mikrofon zu Mikrofon gereicht. Und auch Fabian ist gefragt. Bewundernswert, wie er sich trotz des Sturzes, trotz der Enttäuschung angenehm und sympathisch präsentiert. Auffällig bei Beiden: Jeder erwähnt zuerst seinen Trainingskollegen, erst dann geht es um die eigene Leistung, den eigenen Erfolg. Die Siegerehrung ist für Florian, aber auch die anwesenden Osnabrücker dann der emotionale Höhepunkt. Der vielfache 400 m-Europameister Hartmut Weber überreicht die Medaillen. Derweil sinniert Trainer Anton Siemer in den Katakomben der Helmut-Körnig-Halle. Freuen über Florians Titel? Ärgern über Fabians unglaubliches Pech? Frust über den verpassten Doppelsieg? Ein Auf und Ab der Gefühle. Feiern mit dem Einen, Ärgern mit dem Andern. Am Ende überwiegt sicher die riesige Freude über den ersten deutschen Meistertitel seit 75 Jahren für einen Osnabrücker Leichtathleten. Und die kleine Genugtuung, nicht nur die Dramatik des Finales prognostiziert, sondern auch den taktischen Ablauf vorhergesehen zu haben. „Wir haben schon seit Wochen das Szenario des Finals diskutiert und geplant. Dass Florian als Erster auf die Zielgerade einbiegt, dann Fabian von hinten kommt. Ende offen. Dass nun ein Sturz das Rennen entscheidet, nennt man dann wohl Schicksal.“ --- Quelle: Hasepost.de - Die Zeitung für Osnabrück