Dieselfahrzeuge moderner Bauart dürfen auch zukünftig in Städten fahren; fotolia.com – REDPIXEL

Luftverschmutzung, Dieselskandal und jede Menge Gerüchte: Um den Diesel steht es politisch und wirtschaftlich im Jahr 2018 eher schlecht. Der Gesetzgeber strebt Fahrverbote in Großstädten an, um die Verschmutzung der Luft in der Innenstadt zu reduzieren. Und da Diesel weiterhin der größte Verschmutzer unter den Verbrennern ist, sinken die Preise für Gebrauchtwagen seit Monaten. Ist das die Chance für Schnäppchenjäger?

Was das Fahrverbot für Diesel wirklich umfasst

Die Regierung aus den Grünen und CDU geht in Baden-Württemberg progressiv voran, wenn es um das Thema Luftverschmutzung in Innenstädten geht. Mit Beginn des Jahres 2019 dürfen Dieselfahrzeuge, die die Abgasnorm 4 erfüllen, nicht mehr im Stadtbereich der Metropole Stuttgart fahren. Das Fahrverbot umfasst das gesamte Gebiet, das derzeit als Umweltzone gekennzeichnet ist. Wer einen Diesel mit Abgasnorm 5 sein Eigen nennt und nun auf eine ungestörte Weiterfahrt hofft, muss zu Teilen enttäuscht werden. Die Regierung des Bundeslandes gibt sich ein halbes Jahr Zeit, um die Verbesserungen durch das initiale Verbot zu überprüfen. Ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend, werden auch moderne Diesel mit Abgasnorm 5 aus dem Stadtbild entfernt.

Doch nicht nur im Süden der Republik bangen Besitzer von spritsparenden Diesel-Fahrzeugen um die Fahrerlaubnis ihres Wagens. Hamburg hat bereits im Juni 2018 eine Durchfahrtssperre für die Max-Brauer-Allee und die Stresemannstraße verhängt. Konkret bedeutet dies, dass es Dieselfahrzeugen nicht erlaubt ist, den Bereich zu durchfahren. Es handelt sich dabei um knapp 2,5 Kilometer Fahrbahn, die seit Juni 2018 von dem Fahrverbot für Diesel betroffen sind. Allerdings gilt dies, wie schon im Stuttgarter Fall, nur für Dieselfahrzeuge, die unter der Abgasnorm 6 liegen. Übrigens: Wer einen Diesel mit Abgasnorm 5 oder kleiner sein Eigen nennt und in dem Bereich der Sperrung wohnt, erhält eine Ausnahmeregelung, die das Durchfahren ermöglicht. Die Hamburger Maßnahme wird jedoch von einigen Fachverbänden kritisiert: Umweltschutzverbänden geht das partielle Verbot nicht weit genug, während Automobilverbände das Verbot an sich kritisieren.

Immer mehr Städte ziehen beim Dieselverbot nach

Doch egal, aus welchem Blickwinkel das Dieselverbots-Verfahren betrachtet wird: Die Zukunft sieht für unökologische Diesel schlecht aus. In Leipzig und anderen Städten mit einer Umweltzone sollen in naher Zukunft ebenfalls Fahrverbote für besonders schädliche Dieselfahrzeuge, aber auch alte Benziner, verhängt werden. Die Verbesserung der Luftqualität ist auf der Agenda der Bundesregierung, Landesregierung und den Kommunalregierungen weit oben angesiedelt. Tritt ein komplettes Fahrverbot in Städten ein, ist die Anschaffung eines Diesels mit großen Zweifeln verbunden. Zurecht, wie ein Blick auf die Städte mit einer besonders hohen Stickstoff-Belastung zeigt. Neben Stuttgart und Hamburg sind auch Großstädte wie München, Köln, Düsseldorf, Dortmund und Berlin von einer massiven Überschreitung der Grenzwerte betroffen. Ein Handeln ist notwendig, um Städte lebenswert zu halten.

Hamburg
Die Polizeigewerkschaft in Hamburg weist die Kontrolle der Dieselfahrverbote von sich; pixabay.com © guentherlig

Wie das Fahrverbot trotz Dieselskandal umgangen werden kann, zeigt ein Blick auf aktuelle Technologien. Durch den Einsatz des modernen Abgasstandards Euro 6d wird das Fahrverbot für Diesel aufgehoben. Die neueste Revision des Standards stößt so wenig Stickstoffdioxid aus, dass ein Befahren der gesperrten Zonen erlaubt ist. Leider ist eine Nachrüstung für ältere Modelle aktuell noch nicht möglich. Wer sich einen Neuwagen anschaffen möchte, sollte penibel darauf achten, dass der Diesel die Abgasnorm 6d besitzt. Die ebenfalls verfügbare Abgasnorm 6d-TEMP wird aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren ebenfalls vom Betrieb in den viel befahrenen Innenstädten ausgenommen.

Lohnt sich die Anschaffung eines gebrauchten Diesels?

Durch das Fahrverbot für Diesel hat sich beim Gebrauchtwagenkauf die Checkliste für Gebrauchtwagen verändert. Wer bisher nur auf die gängigen Aspekte wie Laufleistung, die Motorisierung oder die Vorbesitzer samt Unfallschäden achten musste, muss nun ebenfalls die Verbrennungstechnologie hinterfragen und die damit verbundenen Einschränkungen einschätzen können. Dennoch war der Markt für günstige Dieselfahrzeuge selten so gut gefüllt wie nach dem aktuellen Urteil. Viele Händler und Privatpersonen versuchen, ihre älteren Diesel im Zuge der Fahrverbote für geringe Beträge loszuwerden. Fast wirkt es auf Automobilportalen so, als ob die vorhandenen Diesel wie Blei in den metaphorischen Regalen liegen. Das zeigt auch eine statistische Erhebung: Während Fahrzeuge mit einem Benzinmotor im Schnitt nach 82 Tagen verkauft werden, ist der Wert bei Dieselfahrzeugen um 24 Tage länger. Gleichzeitig müssen Autohändler und private Verkäufer mit einem Wertverlust von etwas mehr als 20 Prozent kalkulieren, wenn sie ihren Gebrauchtwagen mit Diesel-Motor veräußern möchten.

Wie schwer der Stand für Dieselfahrzeuge in Deutschland aktuell ist, zeigt eine Erhebung des TÜV-Verband aus dem April 2018. Während die deutschen Bürger zu fast 50 Prozent Benzinern vertrauen, sich ein Hybridfahrzeug anschaffen würden (19 Prozent) oder ein Elektrofahrzeug ins Auge fassen (13 Prozent), würden sich nur mickrige sechs Prozent für einen Diesel entscheiden. All diese Faktoren sind ein Paradies für Schnäppchenjäger, die mit der richtigen Strategie und einer gewissen Risikofreudigkeit günstig an sehr gute Fahrzeuge gelangen, die vor einigen Monaten noch zu einem wesentlich höheren Preis verkauft wurden.

Stadt sollte verzichten, Land sollte zugreifen

Dabei profitieren vor allem Pendler im ländlichen Gebiet von den günstigen Preisen. Grundsätzlich wurde früher die Rechnung angeführt, dass sich ein Diesel immer dann lohnt, wenn die jährliche Fahrleistung einen Wert von 12.000 Kilometern übersteigt. In diesem Fall wäre die Amortisierung aufgrund des günstigeren Dieselpreises schneller realisierbar gewesen als mit einem vergleichbaren Benziner. Durch die sinkenden Preise ändert sich diese Rechnung. Auch für Pendler, die nur zwischen 8.000 – 10.000 Kilometer pro Jahr fahren, lohnt sich ab sofort die Anschaffung eines Diesels. Wer besonders viel sparen möchte, greift zu Fahrzeugen mit der Abgasnorm 4. Mit dieser ist eine Fahrt in Metropolen und andere Großstädte zwar nicht realisierbar; dafür ist der Betrieb auf anderen Straßen problemlos möglich. Etwas weniger Sparpotential bieten Fahrzeuge mit Abgasnorm 5, die in den meisten Städten aktuell fahren dürfen und auch in naher Zukunft ihre Daseinsberechtigung im Straßenverkehr haben werden. Erst mit der strikten Umsetzung in allen Gebieten mit einer erhöhten Stickstoffdioxid-Belastung wird auch die aktuelle Diesel-Kollektion aus den Städten verschwinden. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein deutschlandweites Fahrverbot ausgesprochen wird. Wie bereits gesagt, sind gerade ländliche Gebiete, in denen Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Verschmutzungen keine Rolle spielen, prädestiniert für Dieselfahrzeuge.

Mercedes SL
Zukünftig werden ältere Diesel mit Kits auf eine moderne Abgasnorm optimiert werden können; pixabay.com – MikesPhotos

Gerade als Überland-Fahrzeuge punkten Diesel auch heute noch. Die Motoren sind sparsam, leise und dank des günstigen Dieselpreises ein Vorteil für den Geldbeutel. Ein weiterer Vorteil: Autohersteller und Zulieferer arbeiten aktuell an Nachrüst-Kits, die zukünftig schmutzige Diesel-Fahrzeuge auf einen modernen Standard upgraden sollen. Obwohl diese Kits aktuell noch nicht serienreif sind, steht der Marktstart bis zum Jahr 2019 bevor. Für Dieselfahrzeuge bedeutet dies, dass sie schon bald die Abgasnorm 6d auch für ältere Fahrzeuge erreicht werden kann. Wer sich jetzt einen Diesel sichert, erhält also nicht nur ein modernes Auto, sondern kann das eingesparte Geld später nutzen, um ein Fahrverbot in Innenstädten zu umgehen.

Und was passiert, wenn ich mit meinem alten Diesel doch in eine Verbotszone fahre? Dieses Szenario bereitet der Polizei und der Regierung Kopfzerbrechen. Die Polizeigewerkschaft lehnte eine Kontrolle der Fahrzeuge innerhalb von Fahrverbotszonen strikt ab. Einzig und allein die Beschilderung zu Beginn der Umweltzonen ist heute eine Maßregelung über die Nutzung eines Diesels. Wer dennoch erwischt wird, muss mit einer Strafe von 25 Euro rechnen; bei größeren Lastwagen erhöht sich das Bußgeld auf bis zu 75 Euro.

Fazit zum Kauf von Diesel-Gebrauchtwagen

Diesel-Fahrzeuge haben einen schlechten Ruf. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Technologie obsolet ist. Deutsche Autohersteller pumpen weiterhin hohe Entwicklungsgelder in die Erforschung der Dieseltechnik und streben eine Weiterentwicklung der Abgasnormen und deren Einhaltung an. Für Autokäufer mit einer gewissen Risikofreudigkeit bedeutet dies nicht nur eine riesige Auswahl an gebrauchten Diesel-Fahrzeugen, sondern auch einen günstigen Preis. Wer nicht gerade in den Metropolen Deutschlands unterwegs ist, muss auf die Dieseltechnologie nicht verzichten. Dank der momentanen Stimmungslage lassen sich Fahrzeuge mit Diesel-Motorisierung zum günstigsten Preis kaufen. Wer sich an den Einschränkungen nicht stört, wird mit Dieseln noch lange Freude haben.

Titelfoto: fotolia.com – REDPIXEL