Der VfL Osnabrück muss im Niedersachsenstadion gegen Hannover 96 punkten

Die Niederlagen der vergangenen Wochen hinterlassen Spuren: Vor allem in den sozialen Netzwerken – auch in Ermangelung anderer Möglichkeiten – wird über den VfL gestritten. Natürlich muss der VfL am Montagabend im Niedersachsenstadion aka HDI-Arena punkten; mit Besinnung auf die Stärken der Hinrunde sollte das auch möglich sein.

Eine Vorschau von Hermann Schmidt

Warum sollte das, was am Dortmunder Borsigplatz, am Schalker Markt, am Kölner Geißbockheim oder am Hamburger Millerntor in Krisensituationen von Fans über Trainer und Spieler geäußert wird, vor der Bremer Brücke haltmachen? In den guten, alten Zeiten des Fußballs wurde nach der Niederlage in der Kneipe gestritten. Heutzutage sind die sozialen Netzwerke das Sprachrohr für Frust und Enttäuschung, und nicht selten auch für anonym verbreitete Respektlosigkeiten.

Beim VfL Osnabrück gibt es trotz der Niederlagenserie und der anhaltenden Heimschwäche keinen Grund, alles was war und was ist, in Bausch und Bogen zu verdammen. In der Hinrunde der Saison 2020/2021 haben die Lila-Weißen 22 Punkte eingesammelt. Aus dem zur Verfügung stehenden Kader ohne Stars versucht Trainer Marco Grote Woche für Woche ein schlagkräftiges Team zusammenzustellen. Seine Spielanalysen weisen ihn als einen besonnenen Coach aus, der sich so leicht nicht verunsichern lässt. Das Fehlen eines Knipsers am und im Strafraum wird ihm nicht entgangen sein. Doch es nützt dem Selbstvertrauen der ihm zur Verfügung stehenden Spieler nicht, wenn er sich in ständigem Wehklagen nach einem Heilsbringer am gegnerischen Strafraum erginge. Wenn ein Goalgetter fehlt, dann muss jeder andere sein Glück versuchen. Die Lila-Weißen werden aus der gegenwärtigen Situation nur dann herausfinden, wenn sie als geschlossen agierendes Team in die bevorstehenden Auseinandersetzungen gehen. Aufgeregtheiten bringen den VfL Osnabrück nicht weiter.

Im mannorientierten Zweikampfverhalten hat sich der VfL gegen die SpVgg. Fürth deutlich verbessert gezeigt. Und deshalb ist es nicht falsch, wenn Trainer Marco Grote äußert, dass man darauf aufbauen kann. Damit das gelingt und zu Punkten führt, gilt es für ihn, die bestmögliche Formation für das Spiel bei Hannover 96 zu finden.

Hannover 96 und Martin Kind

Profivereine starten unter unterschiedlichen Bedingungen in eine Saison. Der VfL Osnabrück ist nicht Bayern München, und der Spieleretat des Zweitliga-Tabellenführers HSV beläuft sich auf das Zigfache dessen, was an der Bremer Brücke verfügbar ist. Die Klubs im bezahlten Fußball sind heutzutage lupenreine Wirtschaftsunternehmen, oft abhängig von multinationalen Konzernen, zahlungskräftigen Sponsoren und- mehr denn je in Corona-Zeiten- von der Verteilung der Fernsehgelder. Was für die gesamtgesellschaftliche Situation gilt, spiegelt sich auch in der aktuellen Entwicklung des Liga-Geschäftes: Die Reichen werden reicher, die weniger gut situierten, kleineren Vereine haben das Nachsehen. Das war die Ausgangslage vor der Saison, und daran hat sich für den VfL Osnabrück nichts geändert.

Hannover 96, der Gastgeber der Lila-Weißen am kommenden Montagabend, spielt dank seines Mäzens und Geschäftsführers der 96er KGaA  (Kommanditgesellschaft auf  Aktien), Martin Kind, zumindest finanziell in einer anderen Liga als der VfL Osnabrück. Der Hörgeräte-Unternehmer schwingt seit 1997 unangefochten das Zepter der Hannoveraner. Ohne ihn geht an der Leine so gut wie nichts. Er ist der härteste Gegner der 50+1 Regelung und führt die „Roten“ mit eiserner Hand. Zu den Prinzipien eines Unternehmers gehört es, dass da, wo man Geld investiert, am Ende auch etwas herauskommen muss. Das ist dem zweifachen Deutschen Meister (1938, 1954) und dem DFB-Pokalsieger des Jahres 1992 in den letzten beiden Jahrzehnten nicht immer gelungen. Deshalb mussten die Kaderplaner der „Roten“ vor der laufenden Saison den Gürtel enger schnallen. Der Verein gab zwölf Spieler ab und gewann zahlreiche ablösefreie Profis hinzu oder lieh sie aus. Zu den auffälligsten Akteuren von Hannover 96 gehören neben dem Japaner Genki Haraguchi vor allem der torgefährliche Mittelstürmer Marvin Ducksch, der bei Holstein Kiel und Fortuna Düsseldorf sein Können unter Beweis stellte, sowie Mittelfeldspieler Kingsley Schindler (1. FC Köln, Holstein Kiel). Ihm unterlief allerdings beim Mittwochspiel in Karlsruhe ein unglückliches Eigentor, das die 1:0 Niederlage der Hannoveraner besiegelte. Das Spiel der 96er zeichnet sich unter Trainer Kenan Kocak durch frühes Pressing aus und setzt auf Konter.

Hannover 96 hat vor dem Spiel am Montagabend 26 Punkte auf dem Konto, der VfL Osnabrück 22. Wenn es Niklas Schmidt, Ludovit Reis, Sebastian Kerk und deren Teamkollegen gelingt, ein druckvolles Aufbauspiel zu kreieren, dann ist die bevorstehende Aufgabe lösbar. Und darauf hoffen alle, deren Herz für die Lila-Weißen schlägt.

Mein Tipp: 1:1.

 

 


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Hermann Schmidt
Hermann Schmidt
Hermann Schmidt beobachtet den Fußball an der Hase von der Elbe aus. In Hamburg war der gebürtige Hesse lange Zeit als Verlagsmanager tätig. Zwanzig Jahre lang hat er selbst gespielt, in der Jugend als Stürmer und danach als Vorstopper in seiner Heimat und beim BFC Südring (Berlin). Schmidt ist Autor zahlreicher Fußballbücher und Biografien. Die Buchveröffentlichungen „Legenden des FC St. Pauli“ und „Männer trinken kein Fanta“ sind im Jahr 2020 erschienen. Zu seinen Lieblingsclubs gehören neben dem VfL auch Holstein Kiel, der FC St. Pauli und der 1.FC Köln.

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