Mit einer eindrucksvollen Sonderausstellung erinnert das Museum Industriekultur Osnabrück (MIK) vom 14. Dezember 2025 bis zum 17. Mai 2026 an das Jahr 1945 – den Moment zwischen Ende und Anfang.
Osnabrücker Maler Franz Josef Langer im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt stehen die Werke des Osnabrücker Malers Franz Josef Langer (1916–1981), dessen sogenannte „Trümmerbilder“ zu den wichtigsten künstlerischen Zeugnissen der zerstörten Stadt zählen. Auf der großen Galerie des Haseschachtgebäudes entfaltet sich ein bedrückend aktuelles Panorama: Die Gemälde und Kohlezeichnungen Langers treffen auf historische Fotografien aus dem Museumsbestand, die gemeinsam die Vernichtung Osnabrücks im Zweiten Weltkrieg sichtbar machen. Acht Jahrzehnte nach Kriegsende wirken die Motive angesichts neuer Konflikte in Europa und erstarkender rechtsextremer Bewegungen erschreckend vertraut.
Vom Stadtmaler zum distanzierten Beobachter des Krieges
Schon vor 1939 hatte Franz Josef Langer ein besonderes Auge für die Osnabrücker Altstadt. Der Krieg riss ihn aus dieser friedlichen Arbeitswelt: Eingezogen als Maler für die Wehrmacht, war er in Frankreich und Russland im Einsatz. 1942 stellte er in Osnabrück bei „Heimatfront in der Kunst“ aus – Arbeiten, die das NS-Regime propagandistisch nutzte, um die Bevölkerung auf Kampfbereitschaft einzuschwören.
Doch Langers Blick veränderte sich. Seine an der Front entstandenen Zeichnungen zerstörter russischer Dörfer und flüchtender Menschen zeigen bereits eine deutliche Distanz zum Kriegsgeschehen. Nach dem Kriegsende wandelte sich auch seine Darstellung Osnabrücks: Schmerz über die ruinierten Straßen seiner Heimat und die erlebten Gräuel prägen die späteren Werke. André Lindhorst, der frühere Leiter der Kunsthalle Osnabrück, sah darin eine Mahnung für ein „Nie wieder!“.
Die Stadt im Ausnahmezustand – festgehalten im öffentlichen Raum
In den Nachkriegsjahren porträtierte Langer die zerstörte Stadt ohne jede Beschönigung. Mit Pinsel oder Kohlestift stand er meist mitten in den Ruinen, selten im Atelier. Er arbeitete sichtbar, ansprechbar, im direkten Austausch mit den Menschen, die wie er versuchten, ihren Alltag inmitten der Trümmer neu zu ordnen.
Seine Werke dokumentieren den Wechsel vom völligen Zusammenbruch zum langsamen Wiederaufbau, der Osnabrück den Weg in die moderne Großstadt ebnete. Die präzise gemalten, oft menschenleeren Stadträume gehören zu den wenigen erhaltenen künstlerischen Zeugnissen jener Zwischenjahre. Bis 1949 widmete Langer sich intensiv dieser dokumentarischen Arbeit, bevor er als Kunsterzieher am Carolinum wirkte und neue Themen fand.
Ein Dialog von Kunst und Fotografie
Das MIK präsentiert 14 Arbeiten aus einem erhaltenen Zyklus von 46 „Trümmerbildern“. Viele davon waren bereits 1995 in der Kunsthalle Osnabrück zu sehen. Für die neue Schau hat Kuratorin Dr. Vera Hierholzer die Gemälde mit historischen Fotografien aus den Beständen der Fotografischen Sammlung kombiniert. Die Aufnahmen – teils von unbekannten Fotografen, teils aus dem renommierten Atelier Lichtenberg – treten in einen spannenden Dialog mit Langers Werken.
Manche Fotografien greifen erstaunlich exakt Details aus den Gemälden auf, etwa Ornamente der Rathaustreppe. Andere erweitern Langers Blickwinkel um Ansichten von Dom, Marienkirche oder belebten Straßenszenen des Wiederaufbaus. Gemeinsam erzählen sie die Geschichte einer Stadt im Umbruch – und von einem Künstler, der ihr unermüdlicher Chronist war.
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