Corona-Krise: Chance für den Klimawandel?

Soziale Distanzierung und geschlossene Geschäfte werden den Planeten nicht langfristig vor dem Klimawandel schützen. Die momentane Krise kann jedoch als Chance für eine ökologischere Zukunft gesehen werden.

Aktuell ist das Corona-Virus Thema Nummer eins in deutschen Medien. Der Diskurs rund um die Klimakrise rückt dadurch immer mehr in den Hintergrund. “Es ist ganz selbstverständlich, dass alle das Corona-Virus als Priorität sehen”, zitierte die Süddeutsche Zeitung Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan, “eine Krise macht die andere jedoch nicht weg oder kleiner.”

Chinas Wirtschaft bricht ein

Nach aktuellen Schätzungen des Pekinger “Centre for Research on Energy and Clean Air” (CREA) hat sich der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO₂) bereits wenige Wochen nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in China um etwa 200 Millionen Tonnen verringert. Im Zuge der getroffenen Maßnahmen und der vorübergehenden Schließung zahlreicher Fabriken nahm der Kohleverbrauch von Kraftwerken um 36 Prozent ab. Die Schadstoffbelastung durch Flüge reduzierte sich um 37 Prozent und die Produktion von Ölraffinerien verringerte sich um 34 Prozent. Die Corona-Pandemie setzt der chinesischen Wirtschaft in großem Maße zu. Somit lag die Industrieproduktion im Januar und Februar 13,5 Prozent hinter den im Vorjahr gemessenen Werten.

Pandemie ist kein Ersatz für nachhaltigen Klimaschutz

Während der Alltag im “Reich der Mitte” langsam zur Normalität zurückkehrt, steht Deutschland allerdings erst am Anfang der Pandemie: Restaurants, Diskotheken und Bars bleiben weiterhin geschlossen. Viele Unternehmen stellen auf Kurzarbeit um. Laut Berechnungen des Instituts Agora Energiewende könne der CO₂-Ausstoß in Deutschland durch die Corona-Pandemie um etwa vier bis zwölf Prozent zurückgehen. “Aus unserer Sicht ist eine Pandemie allerdings kein nachhaltiger Klimaschutz. Stattdessen sollte die Krise genutzt werden, um einen sozial-ökologischen Wandel zu erreichen”, erklärt Ute Bertrand, Pressesprecherin der Umweltschutzgruppe “Robin Wood”, im Gespräch mit unserer Redaktion. “Weniger CO₂-Emissionen sind gut für das Klima”, so Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Wirtschaftliche Einbrücke seien jedoch kein Ersatz für eine vernünftige Klimastrategie. Ziel müsse es daher sein, Klimaschutz und wirtschaftlichen Aufschwung miteinander zu verbinden.

Corona-Krise: Chance für den Klimawandel?
Dürren sind nur eine der vielen Folgen des Klimawandels.

Klimakrise als langfristige Bedrohung

Die Corona-Pandemie ist eine Tragödie – Krankenhäuser sind überfüllt und jeden Tag verlieren viele Menschen einen geliebten Angehörigen. Die Bedrohung durch das Virus ist jedoch vorübergehend. Überschwemmungen, Unwetter und Dürren werden über mehrere Jahre zum Verlust von Menschenleben führen. “Die Klimakrise hat weltweit tödliche Folgen. Auch wenn auf der anderen Seite der Erdkugel etwas passiert, hängt das mit uns zusammen”, so Bertrand. Unsere Reaktion auf die aktuelle Situation kann und wird den Planeten über einen längeren Zeitraum prägen – dabei können Rettungs- und Konjunkturpakete einen immensen Einfluss auf die zukünftigen CO₂-Emissionen haben. “Gelder, die fließen, müssen an Vorgaben und Bedingungen geknüpft werden”, fügt Bertrand hinzu, “wir müssen die Landwirtschaft umbauen, weg von den Verbrennungsmotoren und intelligente Mobilitätskonzepte entwickeln.”

Veränderungen sind bereits eingetreten

Veränderungen in der Bevölkerung sind laut New York Times bereits in Konsum- und Reisegewohnheiten zu erkennen. “Umfassende Änderungen der individuellen Gewohnheiten – insbesondere in wohlhabenden Ländern mit hohem Pro-Kopf-Verbrauch – könnten zu niedrigeren Emissionen führen, was eindeutig nützlich wäre”, so Journalistin Meehan Crist, “um für die globalen Emissionen von Bedeutung zu sein, müssten sich Änderungen der Konsumgewohnheiten, infolge des Virus, allerdings über den Einzelnen hinaus auf die größeren Strukturen erstrecken.” Die wirtschaftlichen Einbrüche könnten es Unternehmen allerdings erschweren klimafreundlicher zu werden. Durch das Wegfallen zahlreicher Einnahmen sei es nach der Krise zum Beispiel nicht mehr möglich, Solar- und Windenergieprojekte wie geplant umzusetzen.

Wirtschaftliches Handeln nachhaltiger gestalten

Aktuell sorgt die Corona-Pandemie für verringerte CO₂-Emissionen. China hat jedoch bereits damit begonnen, Umweltprüfungen in der Industrie zu lockern. Damit könnten die eingesparten Mengen an CO₂ innerhalb kurzer Zeit wieder zunichtegemacht werden. “In China dürften nur zwei Monate weniger Umweltverschmutzung 4.000 Kindern unter 5 Jahren und 73.000 Erwachsenen über 70 Jahren das Leben gerettet haben”, schreibt Marshall Burke, Assistenzprofessor in der Abteilung für Erdsystemwissenschaften in Stanford. Vielleicht ist die Fragestellung dementsprechend nicht wie positiv oder negativ sich die Corona-Krise auf das Klima auswirkt, sondern wie wir wirtschaftliches Handeln nachhaltiger gestalten können. “Meine Hoffnung ist, dass die Politik auch in der Klimakrise beginnt, den Wissenschaftlern zuzuhören und deren Empfehlungen umsetzt”, so Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan.


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