Für Wolfgang Beckermann, Sozialvorstand und hauptamtlicher Erster Stadtrat in Osnabrück, steht der Ruhestand an. Regulär wäre es Ende Oktober so weit, bereits im August beginnt sein 67. Lebensjahr. Doch Beckermann will noch nicht und möchte seine Amtszeit um ein Jahr verlängern. Einen entsprechenden Antrag hat der parteilose Wahlbeamte im März gestellt.
Sollte der Stadtrat dem Antrag von Beckermann zustimmen – bzw. den Antrag der Verwaltung ablehnen –, wäre die Umsetzung einer neuen Verwaltungsstruktur frühestens im Herbst 2026 möglich – also just zu dem Zeitpunkt, an dem Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) turnusgemäß zur Wiederwahl steht und ein neuer Stadtrat gebildet wird.
Eine Steilvorlage womöglich für SPD oder Grüne, die damit aus wahltaktischen Gründen Sand ins Getriebe der Verwaltung streuen könnten.
Die Verwaltung warnt in einer Beschlussvorlage für die Ratssitzung am Dienstag: Ein solches Überschneiden der Reform mit der Kommunal- und OB-Wahl sei „nicht sachgerecht“ – politische Kontinuität könne unter diesen Umständen kaum gewährleistet werden.
Neuer Zuschnitt für klare Zuständigkeiten im Stadthaus
Geplant ist, die vier bisherigen Vorstandsbereiche inhaltlich neu zu strukturieren. Der Vostand „V2“ soll künftig Personal, Recht, Digitalisierung und Ordnung verantworten – bislang unterstand Wolfgang Beckermann primär der Bildungs- Sozial und Kulturbereich.
Neue Vorstände mit Sozial- und Digitalisierungs-Schwerpunkten
Der neue Vorstand „V2“ wird ein regelrechter Digital-Vorstand für Osnabrück und soll die in den nächsten Jahren erforderlichen Transformationsschritte „aus einer Hand“ vvorantreiben.
Das Sozialdezernat wird neu gebündelt und umfasst künftig Soziales, Kinder, Jugend und Schule – den Aufgaben einer „mittelgroßen Großstadt entsprechend“. Dadurch sollen Schnittstellen besser koordiniert, Entscheidungen beschleunigt und die fachliche Kompetenz im Vorstand gestärkt werden.
Die Kultur, das bisherige Lieblingsspielfeld von Vorstand „V2“ wandert, so der Plan, zukünftig direkt ins Aufgabengebiet der Oberbürgermeisterin. Der Finanzvorstand bekommt zusätzlich zur Finanzplanung auch die Feuerwehr und die Regionalleitstelle zugeordnet. Der Stadtbaurat soll sich künftig auf Planung konzentrieren.
Feuerwehr: ein politisches Wanderpaket in Osnabrück
Die Feuerwehr steht exemplarisch für das Hin und Her der letzten Jahre: 2019 wurde der damalige Stadtbaurat Frank Otte durch einen neu geschaffenen vierten Vorstand entlastet. Die Feuerwehr wurde aus dem Baudezernat herausgelöst und in den Bereich Soziales und Ordnung verschoben. Nun soll der Bereich erneut wandern – diesmal unter das Dach des Finanzvorstands, der sich zeitweise – wegen Überlastung von Ex-Stadtbaurat Otte – auch schon mal um den Straßenbau kümmern musste.
Wahljahr 2026 als Risiko für Rathaus-Reform
Die Stadtverwaltung sieht die Zeit drängen. Wird Beckermanns Amtszeit um ein Jahr verlängert, verschiebt sich die Neuorganisation nicht nur – sie fällt mitten in den Kommunal- und OB-Wahlkampf. Im schlechtesten Fall könnte eine neue Stadtspitze mit völlig anderen Prioritäten auf eine dann halb umgesetzte Struktur treffen. Um dieses Szenario zu vermeiden, spricht sich die Verwaltung klar für eine Umsetzung zum 1. November 2025 aus – und damit auch gegen den Verlängerungsantrag des Ersten Stadtrats. Die Entscheidung trifft der Stadtrat in seiner Sitzung am Dienstag.