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Aufstiegsaspirant VfL Bochum zu Gast beim VfL Osnabrück

Die Lage ist ernst, aber noch lange nicht hoffnungslos

Eine Vorschau von Hermann Schmidt

Wer dieser Tage als Spieler oder Trainer des VfL Osnabrück durch die sozialen Netzwerke streift, der muss gute Nerven haben. Aberhunderte Fußballfans der Lila-Weißen fühlen sich gegenwärtig berufen, diesen oder jenen Spieler und vor allem Trainer Marco Grote für die zunehmend schwieriger werdende Lage alleinverantwortlich zu machen. So etwas ist im Fußballgeschehen Usus, seit es den Fußball gibt. Nur eine Minderheit derer, die sich auf den Vereins- und Fanseiten im Netz äußern, argumentiert sachlich und besonnen. So ist das nicht nur an der Bremer Brücke, sondern auch in anderen Clubs, die mit dem Rücken zur Wand oder im hinteren Teil der Tabelle stehen.  Ändern lässt sich das leider nicht.

Schmerzlich vermisst werden die Anfeuerungsrufe der lila-weißen Fans auf den Rängen, denn Pappkameraden machen keine Stimmung.

Noch sind 15 Spiele in der laufenden Saison zu absolvieren, in denen für den VfL 45 Punkte zur Disposition stehen. Die Verhinderung des Abstiegs ist nunmehr das Ziel aller Beteiligten, und in Hannover war der Wille dazu nicht zu übersehen- trotz der erneuten Niederlage. Um es in den Worten des gegenwärtig so oft gescholtenen Trainers Marco Grote zu sagen: „Darauf können wir aufbauen.“

VfL Bochum-Trainer Thomas Reis: „Jeder schlägt jeden.“

Leicht wird das nicht. Denn am kommenden Samstag (6.2.2021, 13.00 Uhr, Stadion an der Bremer Brücke) steht mit dem VfL Bochum ein Gegner vor der Tür, der Aufstiegsambitionen mitbringt. Seit 2010 verharren die Blau-Weißen von der Ruhr in der 2. Liga, und nichts käme ihnen gelegener, als endlich wieder einmal in das Bundesliga-Oberhaus zurückzukehren. Das letzte Punktspiel des VfL Bochum im heimischen Ruhrstadion gegen den Karlsruher SC ging mit 1:2 verloren. Inwieweit die „Blauen“ aus Bochum im Pokalspiel am Mittwochabend, nach der klaren 4:0 Niederlage bei RB Leipzig, Federn und Kräfte gelassen haben, wird sich an der Bremer Brücke zeigen.

Der Bochumer Trainer Thomas Reis hat acht Jahre für den, an Dortmund und Schalke gemessenen „Underdog“- Club aus dem Ruhrpott, aktiv gespielt. Mit einer Unterbrechung von drei Jahren (als U-19 Trainer des VfL Wolfsburg) ist Reis seit 2011 im Trainerstab des VfL Bochum tätig, und seit September 2019 arbeitet er als Cheftrainer des Zweitligisten. Er kennt den Verein wie seine Hosentasche. Reis ist es seither gelungen, ein spielstarkes Team zu formen, das auch in der Abwehr an Stabilität gewonnen hat. Gegenwärtig steht der VfL Bochum mit 36 Punkten auf Rang 2 der Tabelle, punktgleich mit Holstein Kiel. Der Kader von Trainer Reis ist qualitativ gut besetzt. Der Brasilianer Danilo Soares, der Grieche Vassilis Lampropoulos (von Deportivo La Coruna gekommen) und die Offensivspieler Robert Zulj (früher TSG Hoffenheim), Simon Zoller (zuvor 1.FC Köln), Danny Blum und Robert Tesche gehören zur ersten Garde im Unterhaus des deutschen Fußballs.

Trainer Reis erklärt in einem seiner jüngsten Statements: „In der 2. Bundesliga kann nicht nur jeder jeden schlagen, mittlerweile ist es so, dass jeder jeden schlägt.“ Damit ist das Wesentliche zu den Ergebnissen der letzten Begegnungen in der Liga gesagt.

Auf die Bestätigung dieser Aussage am kommenden Samstag hoffen auch die Fans des VfL Osnabrück.

Der VfL Osnabrück braucht Selbstvertrauen, neue Ideen und mehr Mut zum Abschluss

Die Lage ist, mit lila-weißer Brille betrachtet, alles andere als komfortabel. Die Abwehr ist mit zahlreichen Spielern bestückt, die von gleichwertiger Qualität sind. Das Spiel von hinten heraus ist ansehnlich. Die Ballverluste im Mittelfeld durch Fehlpässe oder im Zweikampfverhalten bei eigener Ballführung müssen jedoch abgestellt werden- und beim Abschluss im letzten Drittel der gegnerischen Hälfte gibt es dringenden Handlungsbedarf. Dazu kommt es leider allzu selten. Die zweite Halbzeit in Hannover deutete an, dass eine offensivere Spielweise des VfL Osnabrück geeignet ist, mehr Druck auf den Gegner zu erzeugen. Gefährliche Standards von Sebastian Kerk allein werden die Sturmflaute vor und im Sechzehner nicht beheben können. Im offensiven Mittelfeld wünscht man sich mehr kreative Ansätze und individuellere Lösungen im Zusammenspiel, um die Defensive des Gegners in Verlegenheit zu bringen. Dauerhaft erfolgreicher Fußball lebt nie ausschließlich von Teamgeist, Kampf und Willen. Der Unterschied zwischen Siegerteams und den weniger erfolgreichen Mannschaften liegt in der Qualität der Einzelspieler. Drei, vier herausragende Fußballer einer Mannschaft können ein Spiel entscheiden. Der Verlauf der Hinrunde hat gezeigt, dass der VfL solche Spieler in seinen Reihen hat. Und deshalb kann er im Abstiegskampf bestehen. Die Lila-Weißen müssen das am Samstag unter Beweis stellen. Mit Mut nach vorne, mit Kampf und neuen Ideen.

Mein Tipp, meine Hoffnung: 2:1

 

 

 

 

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Hermann Schmidt
Hermann Schmidt
Hermann Schmidt beobachtet den Fußball an der Hase von der Elbe aus. In Hamburg war der gebürtige Hesse lange Zeit als Verlagsmanager tätig. Zwanzig Jahre lang hat er selbst gespielt, in der Jugend als Stürmer und danach als Vorstopper in seiner Heimat und beim BFC Südring (Berlin). Schmidt ist Autor zahlreicher Fußballbücher und Biografien. Die Buchveröffentlichungen „Legenden des FC St. Pauli“ und „Männer trinken kein Fanta“ sind im Jahr 2020 erschienen. Zu seinen Lieblingsclubs gehören neben dem VfL auch Holstein Kiel, der FC St. Pauli und der 1.FC Köln.

  

   

 

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