9 Forderungen gegen Fachkräftemangel in Kitas: Osnabrücker CDU appelliert an Niedersachsens Kultusministerin

Die Osnabrücker CDU hat einen Appell formuliert, den sie in der kommenden Ratssitzung am 25. April einbringen will. Darin fordern die Christdemokraten von der niedersächsischen Kultusministerin Julia Willie Hamburg, dem Fachkräftemangel im sozialen und pädagogischen Bereich in den Kindertagesstätten dringend entgegenzuwirken.

„Immer mehr KiTa- und Krippengruppen schließen und die Betreuungszeiten müssen massiv gekürzt werden. Schuld daran ist der Personalmangel. Und Prognosen machen deutlich, dass der Fachkräftemangel sich noch weiter verschärfen wird, sofern nicht umgehend, aktiv und entschlossen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation auf den Weg gebracht werden. Denn nicht nur die Neubesetzung vakanter Stellen ist schwierig, auch aktuell Beschäftigte erklären, dass sie aufgrund ihrer derzeitigen Arbeitssituation erwägen, sich beruflich umzuorientieren.“, erläutert Eva-Maria Westermann, CDU-Fraktion und stellvertretende Vorsitzende im Jugendhilfeausschuss.

„Bitten das Land dringen um Unterstützung”

„Wir haben die gesellschaftliche Verantwortung, alles dafür zu tun, dass unsere Kinder die besten Chancen für einen guten Start ins Leben und die bestmögliche frühkindliche Bildung erhalten. Das können wir nur erreichen, wenn die Kinder in den Kindertagesstätten von motiviertem, gut ausgebildetem Personal betreut werden. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, bitten wir das Land Niedersachsen dringend um Unterstützung und Einleitung entsprechender Maßnahmen“, ergänzt Günter Sandfort, CDU-Fraktion und ebenfalls Mitglied im Jugendhilfeausschuss.

Akteure an einen Tisch bringen

Die CDU-Fraktion hatte im März zu einer Öffentlichen Fraktionssitzung „WANDTED! Betreuung für unsere Kinder!“ eingeladen. Gut 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (zum Teil aus Betreuungseinrichtungen, der Verwaltung etc.) sind in Präsenz und digital dieser Einladung gefolgt und haben sich aktiv an der Diskussion beteiligt.

Intention der Veranstaltung war, die Akteure an einen Tisch zu bringen, die zusammenarbeiten müssen, damit die derzeitige Situation möglichst rasch zum Besseren verändert werden kann. Kerstin Falkenstein (Dachverband der Elterninitiativen und freier Träger e. V. – DEOS), Christiane Fern (Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit), Christian Fühner (bildungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion), Marco Graf (IHK-Hauptgeschäftsführer), Simone Hartung (1. Vorsitzende vom Kindertagespflege Osnabrücker Land e. V.), Antje Marotz (Pädagogische Geschäftsführung im Ev.-luth. Kirchenkreis), Kerstin Schlüter (Fachbereichsleitung für Kinder, Jugendliche und Familien) und Karin Vornhülz (Referatsleiterin der Kindertagesstätten im Bistum Osnabrück) brachten ihre Forderungen und Ideen ein.

CDU will Appell in Ratssitzung einbringen

Auf dieser Grundlage hat die CDU-Fraktion einen Appell formuliert, den sie in die Ratssitzung am 25. April als Antrag einbringen möchte. Darin heißt es im Wortlaut:

Der Rat der Stadt Osnabrück richtet den dringenden Appell an die niedersächsische Kultusministerin Frau Julia Willie Hamburg, umgehend dem Fachkräftemangel im sozialen und pädagogischen Bereich in den Kindertagesstätten entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck fordern wir umgehend die Umsetzung folgender Maßnahmen:

1. Den Ausbau der Ausbildungskapazitäten im Bereich der dualisierten vergüteten Erzieherausbildung und damit der praxisintegrierten Ausbildung

Die direkte Einbindung von Auszubildenden hilft allen Beteiligten. Die Auszubildenden erhalten während ihrer Lehrzeit eine entsprechende Vergütung, was die Attraktivität des Berufszweiges erhöht und gleichzeitig steht den Einrichtungen zusätzliches Personal zur Verfügung.

2. Trägerübergreifende Springer für die Hauswirtschaft

Damit Erzieherinnen und Erzieher ihrer originären Aufgabe, der Arbeit mit den Kindern, besser nachkommen können, werden seitens der Kommunen Springkräfte für den Bereich Hauswirtschaft eingestellt, die zum Einsatz kommen, wenn krankheits- oder urlaubsbedingt eine Kraft ausfällt. Es ist nicht hinnehmbar, dass Erzieherinnen und Erzieher oder Leitungen die Aufgaben der Hauswirtschafter im Zweifel übernehmen müssen. Hierfür bitten wir das Land, entsprechende finanzielle Mittel bereitzustellen.

3. Die Entwicklung eines Baukastenprinzips (Modulprinzip) zur leichteren Anerkennung von branchenverwandten Ausbildungen (wie bspw. Ergotherapeuten, Musiktherapeuten, Kinderkrankenschwestern, Entspannungstherapeuten, ausländischen Berufsabschlüssen u.ä.)

Hier ist nach pragmatischen Lösungen zu suchen. Der Vorteil eines Modulprinzips wie bei den Bachelor- und Masterstudiengängen ist, dass gewisse Module angerechnet werden können und sich somit die Lehrzeit nur auf die Module erstreckt, die nachgeholt werden müssen. Dieses Verfahren wäre effizienter, würde schneller Arbeitskräfte zur Verfügung stellen und wäre damit aufgrund der gezielten und verkürzten Fortbildung auch attraktiver für Berufswechsler.

Für die Definition, wer als anerkannte Fachkraft gilt, müssen bundesweit einheitliche und allgemein akzeptierte Standards formuliert und ein länderübergreifendes Verfahren etabliert werden.

4. Das Berufsimage mit gezielten Kampagnen aufwerten

Es bedarf gezielter Imagekampagnen, die aktiv dem Bild der „kaffeetrinkenden Basteltante“ entgegenwirken und dem Beruf Erzieher die wertschätzende Anerkennung als systemrelevante Fachkraft zukommen lassen.

5. Anreize zur Vollzeitbeschäftigung schaffen

Rund 80 % der Erzieherinnen und Erzieher sind in Teilzeit angestellt. Es müssen mehr Anreize geschaffen werden, die Beschäftigung auf eine Vollzeitstelle auszuweiten. Hier bedarf es der direkten Ansprache der Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen (z. B. Zusicherung eines Betreuungsplatzes des eigenen Kindes in derselben oder einer nahen Einrichtung)

6. Bürokratie in den Kindertagesstätten abbauen

Leitungen und auch das pädagogische Personal sind zunehmend mit Dokumentationen, Erstellung von Berichten etc. beschäftigt. Die Bürokratie sollte in den Kindertagesstätten auf ein Minimum reduziert werden, so dass die dafür aufgebrachte Zeit wieder am Kind zur Verfügung steht.

7. Gruppengrößen anpassen

Mittelfristig muss die Anzahl der zu betreuenden Kinder in den jeweiligen Gruppen reduziert werden, so dass die Arbeit am Kind gestärkt und das pädagogische Personal entlastet wird. Dies ist vor allem vor dem Hinblick stetig wachsender Herausforderung (bspw. Kinder mit besonderen Förderbedarfen) zu berücksichtigen.

8. Kita-Gipfel realisieren

Die Versorgung unserer Kinder muss in Hannover zur Chefsache werden. Die Kultusministerin sollte dringend gemeinsam mit den Trägervertretern sowie den Beschäftigten und Eltern die Thematik diskutieren und gemeinsam nach Lösungen suchen. Dies gelingt im ersten Schritt mit einer Auftaktveranstaltung als Kita-Gipfel.

9. Kindertagespflege vermehrt einbinden und stärken

Die Kindertagespflege ist insbesondere für Kinder bis zum dritten Lebensjahr als familiennahe und flexible Betreuungsform gleichberechtigt neben der Betreuung in Einrichtungen zu verstehen. Vor allem im ländlichen Raum ist die Betreuung im U3-Bereich ohne das Engagement von Tagespflegeeltern nicht denkbar – rund 166.000 Kinder werden bundesweit auf diese Weise betreut. Durch gezielte Maßnahmen (attraktive Bezahlung, interessante Aus- und Fortbildung, Werbungskampagnen) muss dafür geworben werden, mehr Menschen als Fachkräfte für die Kindertagespflege zu motivieren und langfristig zu binden. Dies stützt, stärkt und entlastet das gesamte System der Kinderbetreuung.

Wie reagieren die anderen Fraktionen und Gruppen im Stadtrat?

Abschließend fasst Westermann zusammen: „Die Zahl der Kinder mit Betreuungsbedarf und damit der Bedarf an Betreuungszeiten wächst stetig, viel schneller als neues Personal derzeit gewonnen werden kann. Darunter leiden alle Beteiligten: Das KiTa-Personal ist stark belastet und fällt in Folge vermehrt aus.” Das wiederum hab unmittelbar negative Folgen für die verbliebenen Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen – ein Teufelskreis entstehe. „Die Kinder bekommen nicht die Aufmerksamkeit, die sie bräuchten. Die Eltern haben nicht die Verlässlichkeit, die sie bräuchten, um ihrer Berufstätigkeit nachzugehen. Fatal vor allem für Frauen, die noch immer eher dazu neigen, die Arbeitszeit zu reduzieren.”

„Es besteht ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder über einem Jahr, der kommunal umgesetzt werden muss, aber ohne eine ausreichende Anzahl qualifizierter pädagogischer Fachkräfte nicht sichergestellt werden kann”, ergänzt Sandfort. Mit den genannten Forderungen wolle man der aktuell so prekären Lage schnellstmöglich Abhilfe schaffen und bitte daher die anderen Fraktionen, Gruppen und Kolleginnen und Kollegen im Rat der Stadt Osnabrück nicht nur darum, den Antrag zu unterstützen, sondern werbe darum, diesen als zusätzliche Antragssteller mitzuzeichnen.


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